Montag, 5. Oktober 2015

Morgendliche Hektik



Wenn der Zug in den Bahnhof fährt, ist er schon lange da. Er schaut den Aussteigenden zu, wie sie eilig über die Bahnsteige hetzen. Sie sind so sehr mit sich selbst beschäftigt - immer versessen auf Pünktlichkeit - dass sie ihn gar nicht beachten. Sie huschen an ihm vorbei, so dicht, dass sie fast über seine Fußraste stolpern. Doch er lehnt sich zurück und genießt das bunte Treiben, denn hier ist er Mensch. Keinen kümmert der Krüppel an dem Bahngleis, keiner würdigt ihn eines Blickes, doch er braucht ihre Aufmerksamkeit nicht, ihre mitleidigen Augen, die den Mund verschlossen halten, denn sie können nur Eine das geben: Mitleid. Doch hier ist er einer von ihnen, einfach nur ein Punkt in der Menge.
Und er hat es nicht eilig, denn er kann eh nirgendwo hingehen. Doch diese morgendliche Stille, die sich mit dem Gefühl von Hektik in ihm mischt, ist eine willkommene Abwechslung. Denn sie reißt ihn im Innern mit wie einen Strom, der sich seinen Weg bahnt, aber den Felsen im Flussbett nicht mitzureißen vermag. Dann fühlt er sich stark. Dann fühlt er sich lebendig.

(Dem Mann gewidmet, der mich zu diesem Text inspiriert hat.)

Samstag, 3. Oktober 2015

Das wissenschaftliche Paradoxon



Neulich habe ich mich mit einem Bekannten unterhalten, der gerade von der Universität kommt. Er hatte kurz zuvor im Unterricht eine Aussage gemacht, die mich nicht mehr los ließ und auch noch Tage danach ununterbrochen in meinen Gedanken herumwanderte. Im Unterricht ging es um Kriterien, nach denen man Informationsquellen auswählt. Eifrig trugen wir alles zusammen. Als unser Lehrer erklärte, dass eine hohe Auflagenanzahl ebenfalls für die Qualität einer Informationsquelle spricht, meldete sich mein Bekannter inbrünstig und erklärte, dass er dem gerne widersprechen würde, denn es ist ja schließlich so, dass auch die Bibel eine hohe Auflagenzahl besäße, was trotzdem nicht für ihre Authentizität spräche. Ein einvernehmliches Lachen ging durch die Reihen, ein Lachen, welches ich in meinem Germanistikstudium häufig zu hören bekam, wenn jemand den Bereich der Mathematik ansprach. Dieses Lachen machte mir klar, dass keiner meiner Kollegen in diesem Raum die Bibel ernst nahm oder ihr überhaupt Authentizität zusprach. Der Grund dafür war so simpel, dass er mir so lange gar nicht klar war. Diese Personen erkannten der Bibel ihren Wahrheitsanspruch ab, weil sie Wissenschaftler waren und für sie eine Gemeinschaft von Religion und Wissenschaft absurd und paradox erschien. Man kann es ihnen eigentlich nicht verdenken, denn sie handeln in dem festen Glauben, logisch gehandelt zu haben. Aber wie kann sich ein Wissenschaftler der Logik verschreiben, der der Wahrscheinlichkeit(!) mehr Priorität beimisst, den Zufall also für wahrscheinlicher hält, als sich einzugestehen, dass Gott der Grund dafür sein könnte? Hebeln sie da nicht gerade selbst das Prinzip der Parsimonie oder besser bekannt als Ockhams Rasiermesser aus und geben sich selbst der Lächerlichkeit preis? Und warum nehmen sie nicht die großen Wissenschaftler der Geschichte wie Newton beispielsweise zum Vorbild, der die Wissenschaft und Forschung nutzte, um Gott zu belegen? Warum ist es ein bloßer Zufall, dass sich ein Gebilde wie eine Zelle, die von solch einer Komplexität ist und über dermaßen effektive Funktionalitäten verfügt nur durch einen Zufall entstanden, weil sich zufällig sehr sehr sehr sehr viele Atome perfekt zusammengefügt haben, anstatt anzuerkennen, dass ein unglaublicher Designer dahintersteckt, von dem wir uns schon so viel abgeschaut haben bei vielen der heutigen Erfindungen? Man muss sich an dieser Stelle mal der Komplexität vieler Lebewesen bewusst werden, die man nicht nur mit bloßem Auge sondern auch mit Biologie-Grundkenntnissen nachvollziehen kann. Bekommt dann nicht auch das eigene Leben eine vollkommen andere, aber keinesfalls weniger große Bedeutung? Ist Gott nicht letztendlich das beste Argument?
Mein Bekannter redete sich übrigens nach meiner Frage, wie er als Wissenschaftler an den Zufall glauben kann, damit heraus, dass er erklärte, dass das, was den Urknall verursacht hatte, für ihn den Titel „Zufall“ trägt. Hat er das Ganze dann nicht einfach nur umbenannt?

/* Ich möchte mit diesem Beitrag keinesfalls jemanden angreifen oder diskriminieren! Es ist einfach ein Gedankenkonstrukt, das auf logischen Schlussfolgerungen aufgebaut ist und es ist schon schlimm genug, dass ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, diesen Kommentar zu schreiben! */

Freitag, 18. September 2015

Genieße! Fühle! Lebe!

Die elementarste Frage auf dieser Welt ist so viel kürzer als die Antwort, die sie meist fordert. Es heißt: Warum? Und doch erklärt die Antwort auf diese Frage so viel. Ich habe mir neulich die Frage gestellt, warum ich eigentlich schreibe und warum ich überhaupt das Geschriebene veröffentliche.

Nun, ich schreibe, weil ich hoffe, Spuren in deinem Herzen zu hinterlassen. Ich hoffe, dass ich Gefühle in dir wecke, ob nun trauriger oder fröhlicher Natur. Denn ist es nicht unser größtes Privileg, dass wir in der Lage sind zu fühlen? Sie machen das Leben erst lebenswert und ermöglichen es uns, die Schönheit in allen Dingen zu erkennen. Ist es deshalb nicht das größte Geschenk, wenn ich dich, lieber Leser, berühre, wenn nicht sogar zu Tränen rühre oder dir ein Lächeln auf's Gesicht zaubere? Vielleicht fühlst du ja dasselbe wie ich, als ich diese Zeilen schrieb, kannst dich in eines meiner Gedichte einfühlen. Vielleicht rümpfst du die Nase und nennst meine Verse stümperhaft. Ich weiß es nicht.

Aber ich möchte dir eines mit auf den Weg geben, lieber Leser: Ich schreibe all meine Werke nicht für dich (außer natürlich diese Zeilen, die ich ja an dich adressiert habe), ich schreibe sie für mich! Es sind meine Erfahrungen, Erinnerungen, Gefühle und Ideen. Und ist nicht ein Künstler, der seine Arbeit macht, um Geld zu verdienen, Zwängen unterlegen, die sein künstlerisches Wirken zwangsläufig unterdrücken müssen? Sie ersticken jeden Funken des Besonderen. Wie könnte ich also nicht dem Glauben unterliegen, dass meine Werke nur gut sind, wenn ich sie für mich schreibe oder für Menschen, die mich tief berührt haben? Gebührt nicht der größte Dank meiner Muse?

Aber lieber Leser, ich veröffentliche sie für dich, denn ich hoffe, dass ich dich mit meinen Worten berühre! Ich möchte, dass du etwas fühlst! Ich möchte dich zum Nachdenken anregen! Und ich möchte besondere Gedanken mit dir teilen... So sagte schon Marina Keegan, die mich sehr fasziniert und inspirierte:

Do you wanna leave soon?
No, I want enough time to be in love with everything...
And I cry because everything is so beautiful and so short.
                                                         - Marina Keegan, "Bygones"

Dienstag, 28. Juli 2015

Anderthalb gebrochene Herzen

Immer wieder schwingt sich ein Gedanke zu mir empor aus der Asche meines Bilderbuchs. Er erinnert mich daran, was war und was nie sein wird. Denn wir haben unsere Träume dem Feuer übergeben. Nun schwingen sie als Funken empor in die Höhe. Leuchten auf und vergehen vor dem Antlitz der Sterne. Und wir schauen ihnen hinterher und fragen uns, ob es richtig war?
Und das Telefon schweigt. Wir genießen die Stille, denn sie gibt uns Zeit zum Nachdenken. Und so nutzen wir diese Stille, um uns immer wieder einzureden, dass es keinen Weg zurück mehr gibt. Doch heimlich warten wir und hoffen, dass dieser Abschied ein „Auf Wiedersehen!“ war, denn letztendlich stirbt die Hoffnung doch zuletzt.
Und wir gaukeln uns mit Tränen im Gesicht vor, dass wir nichts bereuen und dass es für uns das Richtige war. Doch wie können diese Argumente standhalten vor dem Mädchen, das nachts weinend an ihn denkt, weil es ihn nicht vergessen kann? Welches hofft, dass er auch manchmal an sie denkt und sich erinnert an die gemeinsame Zeit, welcher er doch nie Bedeutung beimaß.

Doch die Zeit wird Mitleid mit uns haben. Sie wird die Wunden pflegen, bis die Narben fast vergessen sind, denn die Erinnerungen verblassen und geben keinen Anlass mehr, sie noch einmal wieder aufzurufen. Und es bleiben nur schwarze Flecken auf einer Landkarte und anderthalb gebrochene Herzen.

Sonntag, 26. Juli 2015

Lost dreams

With tears in our eyes
we lead us to believe
that there is nothing to regret,
nothing to be sorry.

We delivered our dreams to the fire
And now they are swinging heavenwards.
Lighting up and decaying.

Freitag, 17. Juli 2015

Last act of a play (Last act of a love)



Ich bedaure den Ausgang dieses Stücks,
wer konnte ahnen, dass wir so auseinandergehen würden
und nichts mehr zeugt von unserer jahrelangen gemeinsamen Zeit.
Doch du hast aus mir einen Menschen gemacht, der nicht vereinbar war
mit dem Bild von dem, was wir einst waren.
Und ich habe zu spät erkannt, 
dass es den Menschen, den ich immer in dir sehen wollte,
gar nicht gab, vielleicht niemals gegeben hat.

Und mich schmerzt dieser letzte Akt in unserem Theaterspiel,
denn ich sage ungern Lebewohl
und jetzt, wo sich der Vorhang senkt, werde ich dich nie mehr wiedersehen.
Und alles, was bleibt, ist eine Erinnerung an all die schöne Zeit
voll Kummer, Leid und Hoffnung.
Die Illusion ist nun vorbei! Das Licht geht an und ich sehe einen Fremden.

Nun Lebewohl, mein vielgeliebter Freund!
Du hinterlässt ein tiefes Loch in mir!

Wir haben unsere Rollen gut gespielt. Ein wohlverdienter Ruhm!
Denn wir haben sogar uns selbst getäuscht.